Alaskanische Sehnsuchtsgesänge
Aber, jedermann/frau sei es untersagt, vor den Bären davonzulaufen. Mit dem Auftauchen eines ersten Braunbären probierte er unsere Angstfestigkeit und Lernbereitschaft aus. Es war allerdings ein Zottelwesen, das seinen Schlaf suchte und sich bei seinen vorbereitenden Riten, wie Kot zu lassen, von niemand stören lassen wollte. Phil verhieß uns niederzuknien und abwartend beobachten. Mit leiser Sprache gewöhnte er uns an Abenteuerfahrten, auf die er uns nun zu führen gedachte. Nach zwei weiteren Unproblembären, bei denen unser Angst-Atem keine Besorgnisse auslöste, brachte er uns dazu, vor einer Gruppe grasender Braunbären niederzuknien.
Zu diesem Zeitpunkt deutete sich bereits bei dem kleineren rundlichen Amerikaner Übersprungsmut an. Von der Harmlosigkeit der Bärenwesen seit fünf Minuten überzeugt, zog er es vor, sich jedes Mal knapp einen Meter vor der Gruppe niederzulassen. Die Fresssucht eines größeren Bärenbullen zeigt immer stärker Begehr, das Wiesengrün in unsere Richtung abzugrasen. Ohne seinen wuchtigen Kopf hochzuheben, durchtrennte er mit schmalzigem Beißgeräusch die vor ihm wallenden Halme und schob sich langsam aber stetig in unsere Richtung. Während sich die Fotoapparate klickend bewegten, zog in meinen Körper eine Wärme hoch, die ich nicht mit dem Sonneneinwirkungen in Verbindung brachte. Mit Seitenblicken wähnten wir Phil immer noch an unserer Seite. Seine Sätze, die auf uns beruhigend wirken sollten, ließen, je näher der Bär das gute Gras bei uns wähnte, in ihren Signalen nach. Phil griff nun häufiger in seinen vor ihm liegenden Rucksack, führte eine Kleinbildkamera vor das rechte Auge, um sodann die Hand wieder in den Rucksack zu versenken. Den magischen Kräften unseres Guides hatte ich bislang vertraut.Was könnte seinerseits aber in dieser Situation eine angemessene Reaktion sein? Zauberworte, Bärenflüsterers Gedräng an Sätzen, Zwangszählen oder einfach nur eine Todessehnsucht äußern?